Düfte als Zeitmaschine

Mit unseren Sinnen können wir  auf Reisen gehen, ohne ins Auto oder Flugzeug oder in einen Zug zu steigen. Wir können dies ganz bewusst tun - wie bei der musikalischen Bootsfahrt auf der Themse, zu der ich in einem anderen Blogartikel eingeladen hatte. Manchmal nehmen uns jedoch Sinneswahrnehmungen eher unbewusst mit auf eine Reise.

Zum Beispiel zurück in unsere Kindheit.

 

Der Garten meiner Großtante Luise

Mir ergeht es mit dem Duft von Duftwicken so. Dann werde ich um Jahrzehnte zurück "gebeamt" - in den Garten meiner Großtante Luise.

Von ihr habe ich die Liebe zum Garten und zum Gärtnern gelernt.

Auch wenn ich zur Zeit keinen Garten habe, so versuche ich doch jedes Jahr, auf meinem Balkon Duftwicken zum Keimen, Gedeihen und zum Blühen zu bringen.

 

Wenn ich die Augen schließe und an einer Blüte schnuppere, oder wenn ein sanfter Windhauch den Blütenduft über den Balkon bis ins Wohnzimmer trägt, dann ist es wie ein Erleben von Zeitlosigkeit, und das sinnliche Erleben der Kindheit wird völlig präsent und verbindet sich mit meiner Wahrnehmung, die ich als Erwachsene habe.

 

Der Duft meiner Kindheit

Um dieses Erleben geht es im Buch des französischen Autors Philippe Claudel.

Er erzählt darin von seiner Kindheit und Jugend anhand von 63 Düften.

Ein bezauberndes Buch, das sich ideal als Sommerlektüre eignet, aber auch 63 Möglichkeiten des Innehaltens mitten im Alltag bieten kann. Jedes der 63 "duftenden" Kapitel bildet eine eigenständige Einheit, und man kann sich ganz nach Belieben aussuchen, welchem Duft und welcher von Claudels Erinnerungen man sich hingeben möchte.

Die poetischen und sinnlichen Beschreibungen lassen den Leser und die Leserin die Wahrnehmung nahezu leiblich-geistig mitempfinden und wecken gelegentlich - so ist es zumindest mir passiert - eigene Erinnerungen.

 

Und was geschieht bei der Wahrnehmung eines besonderen Duftes - außer, dass er uns in Erinnerungen und vergangene Zeiten zurück "beamt"?

Es entsteht ein Aufatmen und ein intensiv erlebtes Ankommen bei uns selbst. Das ist meine Erfahrung. Geht es Ihnen genauso?

 

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